Wie ein Gummiball – ein Abend bei SternTV
Nicht alle Männer meine sie. Diese Differenzierung war und ist Michéle Winchester wichtig. Ich habe die Influencerin bei SternTV kennengelernt, sie saß neben mir in der 1. Reihe, wurde dann sogar auf die Fernsehbühne gerufen.
Warum war sie da, warum ich?
Es ging um ein Thema, das für Frauen mit zu den erschreckendsten zählt: Sexualstraftaten und die Angst davor, gerade wenn es dunkel wird. Gottlob habe ich nie durchmachen müssen, was die heute 25jährige erlebt hat: Sie wurde im Alter von 20 von einem mittlerweile zu 14 Jahren Haft verurteilten Serientäter auf dem Nachhauseweg überfallen und vergewaltigt. Wie entmenschlicht sie sich dabei gefühlt habe, berichtete Michéle bei SternTV und man merkte ihr an, dass sie viel, aber sicher noch nicht alles hat bewältigen können.

Verbindungen aufzubauen, Nähe zuzulassen – all das falle ihr auch nach einigen Jahren Traumatherapie bis heute schwer. Wie „ein Gummiball, den man hin und her schmeißen kann“ habe sie sich gefühlt, erzählt sie Moderator Steffen Hallaschka eindrucksvoll. Und es sei auch nach wie vor ein „riesiger Triggerpunkt, wenn mir ein Mann hinterherläuft“, so Michéle.
Warum war ich bei SternTV?
Meine Geschichte dagegen ist so viel nichtiger. Dafür aber lustig – und ich setze sie dennoch unter ein so schweres Thema, das ich gerade oben beschrieben habe. Denn auch ich war in einem Beitrag in eben dieser SternTV-Sendung zu sehen, deshalb auch – zusammen mit meiner Freundin Aliki – beim Sender in Hürth eingeladen. Was mir passiert war?
Nach einer Megaparty bei Geschichtsprofessor Joachim (liebe Grüße 🙂 ) in Köln Nippes, also mitten im „Kölner Dschungel“, stehen Aliki und ich auf der Straße, es ist weit nach Mitternacht und wir versuchen ein UBER zu bestellen. Da spricht uns Anna Schwarzer an. Wir lernen, dass sie die Nacht für SternTV unterwegs ist und Interviews mit Frauen macht, um zu erfahren, wie sicher sich diese in Köln fühlen. Gerade nachts. Und sie zeigt auf die andere Straßenseite, wo ihr Kamerateam winkt.
Ich entscheide sofort mitzumachen, Aliki vertraut mir, denn es ist schon ungewöhnlich, nachts in einen unbekannten Kleinbus zu steigen, um nach Hause gebracht zu werden … Drinnen dann ein kleines Hallo! Ich meine mich an den Kameramann aus alten Bonner Tagen zu erinnern – und wir sind ziemlich sicher, dass es auch so ist. Dann beginnt Anna ihr Interview. Ihr könnt den Beitrag, den die junge Journalistin mit uns gemacht hat, bei SternTV nachschauen.
Erst auf Party in Nippes, dann zum Interview in der TV-Bus
Kurz zur Einordnung: Wir haben uns, in einer warmen Juni-Nacht, verschwitzt und mit ein paar Kölsch intus, zu Anna auf die Rückbank im Kleinbus gesetzt. Und, ja, auch wir haben unschöne Erlebnisse gehabt in all den Jahrzehnten unseres Frau-Seins. Sogar richtig Angst gehabt! Doch immer auch viel Glück gehabt. Das unterscheidet uns sehr von Michéle! Und genau deshalb wurden auch nicht wir, sondern sie im Studio nach vorne ins Rampenlicht gerufen, um dort zu sprechen. Begleitet von einer Psychologin, die ich ebenfalls sehr eindrucksvoll fand.

Denn Sarah Danielewski, die aus Hamburg vom dortigen Frauennotruf in die Sendung gekommen war, ist Expertin in Sachen Vergewaltigung und anderer Sexualverbrechen. Sie berät Opfer und erklärt Steffen Hallaschka glasklar, um was es Männern geht, die Frauen – wie im Film zuvor gezeigt – auf der Straße anquatschen und vermeintlich „flirten“:
Reine Machtdemonstrationen seien das, es ginge darum Frauen zu verunsichern.
„Die genießen das“, weiß Sarah, so ein Mann „nimmt sich, was er will genau in dem Moment“. Mit Flirten habe das NICHTS zu tun. Und deshalb sei, wenn etwas passiert ist, schon eine Frage wie „Was hattest Du an?“ völlig fehl am Platz. Die Frage, wie komme der Täter eigentlich darauf so zu handeln, DAS sei die eigentlich wichtige Frage.
So viel Mut und: Eltern sind gefordert, genauso Klartext zu reden
Ich habe viel gelernt an dem Fernsehabend bei RTL. Und ich bewundere den Mut von Michéle, die so offen darüber spricht und auch als Influencerin (auf Insta folgen ihr mehr als 330.000 Menschen) den Mund öffnet, um ihr Wort zu machen.
Noch mehr möchte ich als Mutter eines Teenagers (geboren 2010) Eltern auffordern, diese Themen ebenfalls offen auf den Tisch zu bringen. Und insbesondere Jungs aufzuklären und ihnen nahe zu bringen, was es heißt, Mädchen zu bedrängen. Dass das gar nicht geht! Dass sich Mädchen sexy kleiden dürfen UND dennoch nicht angefasst werden dürfen. Dass jeder Mensch seine eigene Würde hat und wir diese achten müssen.

Danke, dass die Journalistin Anna Schwarzer das Thema bei RTL eingebracht hat. Und die Redaktion sich für das Thema entschieden hat.
Mir hat auch gut gefallen, wie Steffen Hallaschka die Themen anmoderiert hat! Wir dürfen nicht weggucken, wenn Unrecht geschieht. Und wir müssen alle im Vorfeld mehr darüber sprechen, dass Mädchen und Frauen kein Freiwild sind, das einfach so „angeschossen“ wird – und zwar völlig egal, wie sie sich kleiden.